

Vita
1958
1973–76
1986–90
1991–97
2001
2002
geboren in Dortmund
Ausbildung zum Kartographen
Studium der Philosophie, Kunstgeschichte, Politologie in Marburg und Gießen
Studium der Bildenden Kunst an der FH Hannover, Meisterschüler bei Prof. Sigrun Jakubaschke
Gründungsmitglied der Ateliergemeinschaft Grammophon und des Vereins Dingding e.V.
Mitgründer der Ausstellungsreihe ATLAS. Seitdem 65 Ausstellungen von Künstlern aus dem In- und Ausland in den Räumen des Atelier Grammophon.
Mitgründer des Künstlerbuchprojektes CARTAS. Seitdem 13 Buchauflagen.
1994
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Ausstellungen (Auswahl)
„Nachschub“, Ausstellung der Klasse Rolf Bier, Ralph Kull
Diplomausstellung, Eisfabrik Hannover
„Retrospektive“, Bergen/Norwegen
„Neue Kunst aus Hannover“, Hamburger Künstlerhaus e.V.
„to See and to be seen“, Meisterschülerausstellung, Kunstverein Wunstorf
Villa Minimo, Hannover
„ Palmengarten“, Frankfurt am Main
Eröffnungsausstellung der „Ateliergemeinschaft Grammophon“, zusammen mit Anna Meisel, Anne Nissen, Ulrike Schoeller, Klaus Fleige, Kai Wetzel
„Werkzelle & Phylacium, Vorland & Gehäuse“, Städtische Galerie Kubus, Hannover
„1+1=11“, Villa Minimo, Hannover (E)
„querüberfeld“, Kunstverein Wolfenbüttel
„VOR - GANG“, Rathaus Garbsen (E) 2000 „Die Rückseite der Zeit“, Kunstraum Wohnraum Hannover (E)
„ZU 98 PROZENT ALLES FERTIG ZWEI MINUTEN KOMMEN DOPPELT“, Verwaltungsgebäude der Preussen Elektra AG, Hannover
Ausstellungsprojekt „DEVK-eine Deutsche Einkaufspassage“
„Land - Liebe“, Wendländischer Kunstverein Gartow
„Perspektive in der zeitgenössischen Kunst“, Galerie Kühr & Petermeier, Dortmund
„Vor einem Punkt“, ehemalige Klosterkirche Kemnade, Bodenwerder
5. Niedersächsische Graphiktriennale Schloß Bevern, Holzminden
„DON“, Cinati - Foundation, Marfa/Texas
„seesaw“, Metropolitan University Manchester (GB)
„CARTAS“, Jahresgabenausstellung Kestner Gesellschaft Hannover
„Stirnbieter“, Atelier Grammophon, Hannover (E)
„Ulrich Becker / Götz Bergmann / Piotr Ejendrassek / Annamirl Weishäupl“, Galerie K9, Hannover
„Kunst im Treppenhaus; Das CARTAS - Projekt“, Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Hannover
„Kunst im Treppenhaus; das CARTAS - Projekt“, Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Hannover
„mutmaßen“, 7. Zinnober Kunstvolkslauf, Atelier Grammophon
Ausstellungsbeteiligung im Rahmen der Deutschen Kulturtage in Pskov, Russland
8. Zinnober Kunstvolkslauf, Hannover
„heimspiel“, 83. Herbstausstellung Niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover
„Zeitkörper“, mit Ulrike Schoeller, Jörg Hufschmidt, Stefan Lang, Städtische Galerie Kubus, Hannover
„Große Kunstausstellung München“, Haus der Kunst, München
Ich möchte ihre Aufmerksamkeit auf die Arbeiten von Götz Bergmann lenken, bei denen die Themen Zeit und Bewegung eine große Rolle spielen. (…) Im Werk „Überdosis“ wird das Abspielen einer Drehorgel so weit verlangsamt, das statt der Melodie die einzelnen Töne in einem zufälligen Abstand erklingen. Weitere Bestandteile sind ein Propeller, Baumpilz, Dia, Glaslinse und Flackerlicht sowie die Zeile: „Auf der anderen Seite, gewiß, schläft unsere Quelle“. Wie eine Spieluhr für Surrealisten treten Komponenten in eine Verbindung zueinander, die keiner logischen Struktur entsprechen, sondern Disparates verbinden. Das Zusammenspiel funktioniert nicht reibungsfrei, als tropften Zweifel dazwischen, die einen melodiösen Ablauf stören.
Dieses Unterbrechen und Verzögern der Betriebsabläufe findet sich in verschiedenen Werken bei Götz Bergmann etwa im Werk „Am Wasser“. Ein lückenhafter Wasserkreislauf tropft und sprudelt, doch nicht in fontänenhafter Erhabenheit wie im Großen Garten zu Herrenhausen, sondern etwas unmanierlich kleckernd. Wobei eine Gartenidee durchaus anklingt im Sinne eines Zengartens, dessen meditatives Zentrum in Form eines Natursteins noch auf einer Europalette lagert. Werden auch alle Religionen, Philosophien und Weltanschauungen zur Handelsware, praktisch auf Europaletten in den Warenkreislauf normiert eingespeist? Dass sich dieses Geschehen auf und in einem Ölkanister abspielt, erweitert den Assoziationsradius ins Politische.
Stets scheinen die Dinge bei Götz Bergmann in Bewegung zu sein, schwebend, doch kommen sie nicht so recht voran und schon gar nicht ans Ziel. In „Langsame Rückkehr“ zwingt keine dynamische Bewegung des Propellers zum Vortrieb. Stattdessen lassen die langen Gewindestangen ein schlenkerndes Hin- und Her entstehen, die den Propeller in ein gaukelndes Treiben versetzen, das dem Flug eines Schmetterlings ähnelt.
Die Titel der Arbeiten sind dabei wichtiger Bestandteil, stellen sich doch eine Art Paradoxie her, die an Paul Klee erinnert, der seinen Bildern kontrapunktische Titel verliehen hat. Und dieser Bezug zu Paul Klees Oeuvre scheint mir etwas tragfähiger bei der Einordnung der Werke dieser Ausstellung, versucht dieser doch ein Zwischenreich, zwischen irdischem und kosmischen Sphären bildlich zu fassen. Und dabei nahm Paul Klee die Poesie zu Hilfe bzw. machte sie zum Bestandteil seiner Arbeit. (….)
Die Aufhebung der üblichen Maßstäbe, der veränderte Blickwinkel und die damit einhergehende Störung von Wahrnehmungsmustern ist eine Konstante im Werk von Götz Bergmann, ohne das eine Dekonstruktion im nihilistischen Sinne stattfindet. Betrachtet man das Werk „Hinter dem Auge….“, werden die Widersinnigkeiten in konzentrierter und ganz spielerischer Weise sichtbar. Die Motorradrikscha, die von einer rheinischen, mit Schellen geschmückten Karnevalsmütze bekrönt ist, steht auf einer schwebenden Europalette – unter ihr ein kahler Baum, über ihr der Grundriß einer Landkarte – sie schwebt zwischen den Welten. Der vollständige Titel lautet:
„Hinter dem Auge, der Grund des Meeres, hinter dem Rücken, der träumende Berg. Verirrt alle Drei.“
Nichts gehört hier zusammen und doch passt alles, die große Kunst des Provisoriums eben, die der Künstler beherrscht. Stets präzise, hintergründig, lakonisch und humorvoll und vor allem frei von jeglichem Pathos, was ihnen jene Leichtigkeit verleiht, die dem schwebenden Klang der Poesie eigen ist.
Julienne Franke 2019
Götz Bergmann baut keine Modelle. Verschwenden sie keinen Gedanken an einen Maßstab: Die Objekte sind so klein. Gehen sie nah `ran, so nah, wie sie wollen, sie bleiben immer ein wenig außen vor. Genießen sie diese geschickt kalkulierte und ungemein charmante Form der Unzugänglichkeit.
Vor unseren Augen findet etwas Eigenartiges statt – ein stilles Stück, das im Wesentlichen aus Bühne besteht, die es allerdings in sich hat.
Götz Bergmanns Miniaturtheater sind Kulisse und Weltausschnitt zugleich. Mit einem Bühnenbild teilen sie den Reiz des Vorübergehenden, Zerbrechlichen, Improvisierten und provozieren Unvorhersehbares, dies vor allem – jede Aufführung ist einmalig, und auch uns grobknochiges Riesenpublikum zwingen diese Objekthaften Darstellungen zur Improvisation: Wer hätte etwa Routine im Betrachten eines winzigen in Zeitlupe pirouettierenden Sumoringers? („Meine Huldigung an euch, ihr Rätsel in der raubgierigen Zeit“)
Wer wäre vorbereitet auf die Bestürzung, wie flach und endlich die Welt sein kann, wenn man sie auf einer Schallplatte stattfinden lässt? („Schlaflosigkeitsgesang“)
Hier haben wir ihn vor uns, den Teil für das Ganze, den Weltausschnitt, das zweite Gesicht der Bergmannschen 3-D-Poeme, und hier sehe ich mich selbst als Objekt Künstler einem Phänomen gegenüber, das mich immer wieder begeistert und fasziniert, weil man ihm selten genug begegnet und auch, weil ich selbst außer Stande bin, so zu arbeiten: Es wird nicht konstruiert und es gelingt.
Götz macht einfach die Dinge, und das ist doch alles andere als einfach. Er setzt die Stücke zusammen, wenn es soweit ist, und nach einem Plan, den es nicht gibt, bevor er ihn verwirklicht, einen geheimen Plan, an ein Geheimnis in den Dingen rührend, das mich hinterher, vor dem fertigen Kleinod stehend staunen lässt, und z. B. denken, dass alles, was da verbaut wurde, genau dafür vorgesehen war.
Will man das Material auf eine so poetische Weise „erlösen“, verbietet sich endloses Gefummel. Der gegossene Gipsblock („Und in der Kehle ein Wort voller Dornen“), der sein Werden und Wesen so selbstverständlich zur Schau stellt, hält die dicke Linse, wie man sie einfacher, untechnischer, aber auch drastischer nicht halten könnte...
Hier denkt einer im Material und weniger mit ihm, hier dichtet einer mit Klebstoff, Bohrmaschine, Quarkbecher und Witz dergestalt, dass ich mich (als erklärter Haiku - Freund) voller Bewunderung an einem dieser meisterhaften kleinen Dinggedichte kaum satt sehen kann und mich zugleich auf das nächste freue.
Kai Wetzel
„Zur plastischen Arbeit von Götz Bergmann“
Text von Mareike Poehling, 2017
Ein Gedicht ist immer irgendwann zu Ende. Eine Geschichte auch. Irgendwann erreicht man doch die letzte Seite, die letzte Zeile, auch wenn man gern noch in dieser Welt geblieben wäre. Im besten Fall konserviert sich das Gefühl, das man beim Lesen hatte, auch jenseits des tatsächlichen Aufenthalts im Geschriebenen.
Wie Geschichten, die nicht zu Ende gehen, sind die Arbeiten von Götz Bergmann. Aus Fundstücken und kleinen Figuren schafft er wundersame Szenerien, unaufdringlich und zierlich wie eine handgeschriebene Notiz, aber gleichzeitig so intensiv und berührend, dass man sie nicht wieder verlassen möchte.
Der Künstler ist skeptisch gegen schnelle Findungen. Und so möchte er auch seine Arbeiten dem allzu schnellen Zugriff des Betrachters entziehen.
Die kleinen Welten sind weder aufdringlich noch laut. Sie sind ganz still und selbstverständlich für sich. Sie brauchen mich als Betrachterin nicht. Sie rufen mir nichts zu, sie buhlen nicht um meine Aufmerksamkeit, sie wollen nichts von mir, aber sie lassen mich Teil werden, lassen sich mir zuteilwerden.
Ein Stück, ein Fundstück – etwas, das aus einer gewohnten Ordnung herausgefallen ist, wie Götz Bergmann es beschreibt. Ein möglicher Anfang. Ein Staunen, vor allem.
Wie mit diesen Fundstücken umgehen, was mit ihnen machen, was gegen sie? Götz Bergmann lässt sich vor allem Zeit.
Die Dinge und er kreisen umeinander. Fünf Jahre können schon mal vergehen vom Finden eines einzelnen Stückes bis zur gelingenden Ordnung aller Komponenten, einer fertigen Arbeit.
Vielleicht sind diese Arbeiten von Götz Bergmann so besonders und intensiv, weil man all das spürt, was in ihnen steckt: die lange Zeit, die Liebe des Künstlers zum Material, die intensive Beschäftigung mit allen einzelnen Elementen.

Ich möchte ihre Aufmerksamkeit auf die Arbeiten von Götz Bergmann lenken, bei denen die Themen Zeit und Bewegung eine große Rolle spielen. (…) Im Werk „Überdosis“ wird das Abspielen einer Drehorgel so weit verlangsamt, das statt der Melodie die einzelnen Töne in einem zufälligen Abstand erklingen. Weitere Bestandteile sind ein Propeller, Baumpilz, Dia, Glaslinse und Flackerlicht sowie die Zeile: „Auf der anderen Seite, gewiß, schläft unsere Quelle“. Wie eine Spieluhr für Surrealisten treten Komponenten in eine Verbindung zueinander, die keiner logischen Struktur entsprechen, sondern Disparates verbinden. Das Zusammenspiel funktioniert nicht reibungsfrei, als tropften Zweifel dazwischen, die einen melodiösen Ablauf stören.
Dieses Unterbrechen und Verzögern der Betriebsabläufe findet sich in verschiedenen Werken bei Götz Bergmann etwa im Werk „Am Wasser“. Ein lückenhafter Wasserkreislauf tropft und sprudelt, doch nicht in fontänenhafter Erhabenheit wie im Großen Garten zu Herrenhausen, sondern etwas unmanierlich kleckernd. Wobei eine Gartenidee durchaus anklingt im Sinne eines Zengartens, dessen meditatives Zentrum in Form eines Natursteins noch auf einer Europalette lagert. Werden auch alle Religionen, Philosophien und Weltanschauungen zur Handelsware, praktisch auf Europaletten in den Warenkreislauf normiert eingespeist? Dass sich dieses Geschehen auf und in einem Ölkanister abspielt, erweitert den Assoziationsradius ins Politische.
Stets scheinen die Dinge bei Götz Bergmann in Bewegung zu sein, schwebend, doch kommen sie nicht so recht voran und schon gar nicht ans Ziel. In „Langsame Rückkehr“ zwingt keine dynamische Bewegung des Propellers zum Vortrieb. Stattdessen lassen die langen Gewindestangen ein schlenkerndes Hin- und Her entstehen, die den Propeller in ein gaukelndes Treiben versetzen, das dem Flug eines Schmetterlings ähnelt.
Die Titel der Arbeiten sind dabei wichtiger Bestandteil, stellen sich doch eine Art Paradoxie her, die an Paul Klee erinnert, der seinen Bildern kontrapunktische Titel verliehen hat. Und dieser Bezug zu Paul Klees Oeuvre scheint mir etwas tragfähiger bei der Einordnung der Werke dieser Ausstellung, versucht dieser doch ein Zwischenreich, zwischen irdischem und kosmischen Sphären bildlich zu fassen. Und dabei nahm Paul Klee die Poesie zu Hilfe bzw. machte sie zum Bestandteil seiner Arbeit. (….)
Die Aufhebung der üblichen Maßstäbe, der veränderte Blickwinkel und die damit einhergehende Störung von Wahrnehmungsmustern ist eine Konstante im Werk von Götz Bergmann, ohne das eine Dekonstruktion im nihilistischen Sinne stattfindet. Betrachtet man das Werk „Hinter dem Auge….“, werden die Widersinnigkeiten in konzentrierter und ganz spielerischer Weise sichtbar. Die Motorradrikscha, die von einer rheinischen, mit Schellen geschmückten Karnevalsmütze bekrönt ist, steht auf einer schwebenden Europalette – unter ihr ein kahler Baum, über ihr der Grundriß einer Landkarte – sie schwebt zwischen den Welten. Der vollständige Titel lautet:
„Hinter dem Auge, der Grund des Meeres, hinter dem Rücken, der träumende Berg. Verirrt alle Drei.“
Nichts gehört hier zusammen und doch passt alles, die große Kunst des Provisoriums eben, die der Künstler beherrscht. Stets präzise, hintergründig, lakonisch und humorvoll und vor allem frei von jeglichem Pathos, was ihnen jene Leichtigkeit verleiht, die dem schwebenden Klang der Poesie eigen ist.
Julienne Franke 2019